Das Rechtspflegepraktikum im Jurastudium ist die perfekte Möglichkeit, Einblicke in den möglichen zukünftigen Berufsalltag zu bekommen und sich von dem trockenen Stoff in Lehrbüchern und Vorlesungsmaterialien zu lösen, um in die Arbeit eines Volljuristen reinschnuppern zu können. Je nachdem, wo man sein Praktikum absolviert, kann man mehr, oder eben weniger, wertvolle Erfahrungen sammeln. Vor allem beim Rechtspflegepraktikum hat man dabei eine schier endlose Anzahl an möglichen Stellen, darunter Rechtsanwaltskanzleien, Unternehmen der freien Wirtschaft, Notariate, Staatsanwaltschaften oder Gerichte, deswegen kann da die Auswahl doch recht schwerfallen.
Ich bin damals auf Empfehlung mehrerer Freunde und Bekannter auf das Praktikum am Landgericht aufmerksam geworden, wobei mir damals ehrlicherweise besonders die Vergütung von ca. 300,00 Euro pro Monat in Erinnerung geblieben ist. Das Praktikum fand über einen festgelegten vierwöchigen Zeitraum statt, auf Nachfrage konnte man aber auch sechs Wochen bestätigt bekommen. Die Bewerbungsfrist lief ca. ein halbes Jahr vor Beginn des Praktikums aus, dafür hatte man klare Anweisungen über die Anforderungen an die Bewerbung, was den Bewerbungsprozess im Ver- gleich zu anderen Stellen deutlich erleichtert hat.
Das Praktikantenprogramm des Landgerichts bestand zum einen Teil aus Vorträgen für die gesamte Gruppe, beispielsweise zu den Aufgaben und der Stellung des Richters oder auch Abläufen von Straf- und Zivilverfahren. Die Vorträge waren häufig sehr interessant und haben das Leben als Richter gut dargestellt, teilweise haben sie sich jedoch etwas gezogen. Alles in allem waren die Pflichtvorträge aber sinnvoll und man konnte definitiv etwas positives mitnehmen. Meine persönlichen Highlights des allgemeinen Pro- gramms waren die freiwillige Führung durch das Gerichtsgebäude und die Moot Courts am Ende des Praktikumszeitraums, aus denen ich am meisten für die Praxis mitnehmen konnte.
Neben dem Programm für alle Praktikant:innen wurde man für den gesamten Zeitraum einem:r Richter:in zugeteilt und konnte bei verschiedenen Gerichtsterminen und Besprechungen dabei sein. Hier hingen der Ablauf und die gesamte Erfahrung stark davon ab, wem man zugeteilt wurde. Ich war in einer Zivilrechtskammer, bei der der Vorsitzende Richter mich 1-2 mal die Woche zu Gerichtsterminen und Kammersitzungen mitgenommen hat. Er hat mir ausführlich die Arbeit mit Akten gezeigt und häufig sowohl Papier- als auch digitale Akten zum Lesen mitgegeben, was ich immer sehr spannend fand. Die Erfahrungen waren da aber, soweit ich weiß, sehr unterschiedlich. Während an meiner Kammer mehrere kurze Sitzungen am Tag stattfanden und ich dadurch viele verschiedene Sachverhalte von Nachbarschaftsstreitigkeit bis Verkehrsunfall mitbekommen habe, hat ein Freund von mir, der bei einem anderen Richter war, über den gesamten Zeitraum einen konkreten Fall mit vielen langen Sitzungen erlebt. Ich war mit meiner Erfahrung sehr zufrieden, das kommt aber auch etwas auf die persönliche Präferenz an.
Ich habe aus meiner Praktikumszeit am Landgericht viel Positives mitge- nommen und kann es auch wirklich weiterempfehlen. Es war kein Vollzeitpraktikum, da ich nur wenige Tage die Woche vor Ort sein musste, ich habe aber dennoch viel daraus lernen können. Insbesondere da die Qualität von Praktika bei Anwaltskanzleien oft stark variieren kann und man häufig nur die „Drecksarbeit“ aufgetragen bekommt, ohne tatsächlich wertvolle Erfahrungen sammeln zu können, war das Praktikum am Landgericht eine sehr tolle und erfrischende Möglichkeit, Jura im Alltag abseits der Uni zu erleben!
Autorin: Daria Rybak
